Italien gilt heute als Synonym für Pasta aller Art. Ob Spaghetti oder Maccaroni, Nudeln kommen aus Italien. Das zumindest nehmen die meisten an. Aber stimmt das auch? Wenn man einen Ricola Kräuterzucker aus seiner gelben Verpackung hüllt und fragt: „Wer hat’s erfunden?“, dann kommt die Antwort wie aus der Pistole geschossen. Die Schweizer. „Wer genau?“ Die von Ricola. Die Antwort auf die Frage danach, wer denn nun die Nudel erfunden habe, ist etwas komplizierter. Denn Italiener wie auch Chinesen schreiben sich die Erfindung auf die Fahnen. Auch den Arabern sagt manch einer nach, die Pasta erfunden zu haben.
Brachte Marco Polo die Nudel nach Italien?
Eine Version der Nudelgeschichte besagt Folgendes: Der venezianische Händler Marco Polo reist im 13. Jahrhundert nach China. Dort serviert man ihm seine ersten Nudeln. Er ist von der Teigware so begeistert, dass er seine Landsleute unbedingt auch in den Genuss kommen lassen möchte. Für die Heimreise packt er deshalb ordentlich Pasta ein. In Italien angekommen, präsentiert er stolz seine Entdeckung. Doch die Begeisterung hält sich in Grenzen. Die Pasta war zu dieser Zeit nämlich schon erfunden, wenn auch noch relativ unbekannt.
Man muss dazu sagen, dass Reisen wie Marco Polo sie unternommen hat, nicht viel mit einem heutigen Wochenendtrip nach Rom zu tun hatten. Es konnten durchaus Monate ins Land gehen, ehe man wieder zum Ausgangspunkt zurückgekehrt ist. Eine Zeitspanne lange genug, um die Nudel zu erfinden.
Könnten die Araber die Italiener auf den Geschmack gebracht haben?
Eine andere Legende schreibt die Einfuhr der Pasta den Arabern zu. Diese haben im Jahre 827 Sizilien besetzt und sollen bei dieser Gelegenheit die Bewohner der besetzten Insel auf den Geschmack der Nudel gebracht haben. Außerdem sollen sie das Wissen um das Trocknen der Nudeln importiert haben. Dadurch hätten sich die Möglichkeiten in Bezug auf Transport und Lagerung verbessert. Fakt ist, dass Küstenregionen wegen ihrer reinen und keimfreien Luft besonders geeignet waren für das Trocknen von Nudeln. So konnte sich beispielsweise in Neapel eine beachtliche Pasta-Kultur etablieren.
Des Rätsels Lösung – Die Urnudel aus China
Archäologen stießen 2005 rein zufällig auf die älteste Nudel der Welt. Die Hirsenudel hat ganze 4000 Jahre lang in einer versiegelten Schale überdauert. Ort ihrer Entdeckung – China. Dass die 50 Zentimeter lange Nudel gefunden werden konnte liegt nicht etwa daran, dass die Chinesen den Tisch nach dem Essen nicht abräumen können. Vielmehr wurden die Menschen, die nahe des Gelben Flusses im Norden Chinas lebten, offensichtlich von einer Naturkatastrophe – möglicherweise einem Erdbeben – heimgesucht. Die Positionen der gefundenen Skelette deuteten darauf hin, dass die Menschen überrascht wurden und flüchten wollten. Danach muss der Fluss über das Ufer getreten sein und die Siedlung zerstört haben. Diesem tragischen Umstand verdanken wir, dass die Urnudel zurückblieb und bis heute überdauert hat.
Ist „China“ das letzte Wort?
Dieser Fund beendet sicher den jahrelangen Streit darüber, wo die Nudel erfunden wurde. Aber spielt das überhaupt eine Rolle? Eine Nudel schmeckt, ob sie jetzt aus Italien oder China stammt. Fakt ist, dass Italien die Pasta zum Massenphänomen und Verkaufsschlager rund um die Welt gemacht hat. Außerdem muss man sich von dem Gedanken verabschieden, dass die Nudel in einer Region erfunden wurde und sich daraufhin über den ganzen Globus ausgebreitet hat. Die Schrift hat sich auch zur selben Zeit oder auch zeitversetzt analog, aber unabhängig voneinander, entwickelt. So ist davon auszugehen, dass mit Beginn des Getreideanbaus die Herstellung von Pasta und ähnliche Teigwaren einherging.
Pasta ohne Tomatensoße?
Unvorstellbar! Die Tomaten kamen erst viel später hinzu. Bis Ende des 18. Jahrhunderts hat man Pasta nämlich noch ohne Tomatensoße gegessen. Erstmals wird der Gebrauch von Tomaten im 17. Jahrhundert erwähnt. Aus der neuen Welt nach Spanien importiert, verteilten sie sich rasch in Europa und fanden Einzug in die italienische Küche.
Der Boom der italienischen Pasta ist auch dem Export zu verdanken. 1913 wurden stolze 70.000 Tonnen exportiert, überwiegend an die USA. Da die Pasta-Herstellung ein recht simples Unterfangen ist und überall stattfinden kann, gingen viele importierende Länder dazu über, die Pasta selber herzustellen. Italienische Nudelmaschinen traten rund um die Welt ihren Siegeszug an. Zu Beginn war die Herstellung von Hand noch sehr aufwendig und teuer. Das Bevölkerungswachstum in Neapel verstärkte seinerzeit diesen Umstand. Deshalb war die Pasta bis etwa zur Mitte des 18. Jahrhunderts auch eine Speise für die besser Betuchten. Die industrielle Herstellung machte die Nudel dann letztendlich aber zum Grundnahrungsmittel für jedermann.
Heute gibt es nahezu überall auf der Welt Nudeln in all ihrer Vielfalt. Die größte Auswahl an Nudelsorten findet man aber noch immer im Land der Pasta – Italien.